Die Donau gilt als zentrales Symbol für europäische Vielfalt. Genau dieses Motto schreibt sich das „Young Citizens Danube Network“ (YCDN) auf die Fahne. Hierbei handelt es sich um eine Non-Profit-Organisation, die 2009 von Studenten der Andrássy Universität Budapest ins Leben gerufen wurde. Ziele sind die Vernetzung der Jugend und die Sensibilisierung junger Menschen im Donauraum für gesellschaftliche, politische und soziale Themen. Die Mission von YCDN lautet wie folgt: „Das Young Citizens Danube Network strebt die Förderung interkultureller Verständigung zwischen jungen Donaubürgern aus dem Donauraum an, indem es ihnen die Möglichkeit bietet, ihr Wissen, ihre Erfahrungen, und ihre Meinungen auszutauschen“. Im Mittelpunkt stehen dabei zivilgesellschaftliches Engagement und die Stärkung der aktiven Partizipation seitens der Donaujugend. YCDN organisiert zahlreiche Projekte, zuletzt gab es das Planspiel CHROMA. Dort ging es um die Diskriminierung von Minderheiten, Minderheitenpolitik und die Werte der Europäischen Union. Es folgen zwei Kurzinterviews mit einer YCDN-Vorsitzenden und mit einer Organisatorin von CHROMA.

 

Interview mit Nikolett Somlyai (YCDN-Projektkoordinatorin)

 

Wie lange bist du schon bei YCDN dabei?

Ich bin seit Sommer 2015 bei YCDN. Ich habe als Projektkoordinatorin angefangen. Vor mir gab es zwei Personen, die schon jeweils ein Jahr bei YCDN gearbeitet haben. Es gibt immer eine traditionelle Stelle bei uns, die Projektkoordinatorenstelle. Diese Stelle habe ich 2015 angenommen.

Welches war das bislang größte Projekt von YCDN?

Das größte Projekt, aber nicht das aktuellste, ist der Workshop „Compass“. Den haben wir 2015 mit Anikó Fischer und Bálint Farkas gestartet, als ich anfing hier zu arbeiten. Wir haben also mit Compass einen Workshop zum Thema Xenophobie entwickelt. Weil im Sommer und Herbst 2015 die Flüchtlingskrise stattgefunden und auch Europa schnell erreicht hatte, haben wir gesehen, wie unsere Mitmenschen und die Politik mit dieser Situation überfordert waren. Teilweise hat die Flüchtlingskrise ja sogar fremdenfeindliche Aspekte in der Gesellschaft aufgezeigt, zum Beispiel insofern, dass man auf den Straßen Botschaften mit radikalen Inhalten sehen konnte. Diese Dinge haben wir uns sehr zu Herzen genommen. Wir haben dann überlegt, was wir tun können, und das war für uns das Einfachste und Effektivste: ein Workshop zum Thema Xenophobie für 12-18-Jährige, also Schulkinder und vor allem Jugendliche. Das war unser größtes Projekt. Daran haben wir tatsächlich zu dritt etwa acht Monate gearbeitet. Nach drei Monaten gab es den ersten Probedurchlauf an einer Schule. Nach weiteren drei Monaten konnte der Workshop ganz regulär an weiteren Schulen durchgeführt werden. Im Sommer darauf waren wir dann in internationalen Camps unterwegs.

Wo geht die Reise von YCDN in den nächsten Jahren hin?

YCDN ist eine Gruppe von Menschen, die immer auf der Suche nach was Neuem ist und nach Entwicklung strebt. In diesem Sinne haben wir dieses Wochenende einen Teambuilding-Workshop gemacht und zwei Tage lang intensiv an uns als Team und allgemein am YCDN gearbeitet. Daher ist natürlich alles sehr frisch in Erinnerung. Wir haben sehr konkrete Ziele festgelegt, zum Beispiel, dass wir in Richtung politischer Bildung gehen möchten. Das deckt sich mit der Idee von YCDN sehr gut. Es ist also nicht verwunderlich, dass wir diesen Aspekt von uns aufgegriffen haben, und natürlich wollen wir die Vielfalt innerhalb des Donauraumes stärken. In diesem Sinne möchten wir in Richtung der Donauraum-Strategie arbeiten. Wir planen, auf viele Veranstaltungen und Konferenzen im Rahmen der Donauraum-Strategie zu gehen und dort die Meinungen der jungen Donaubürger zu vertreten.

Welche Kooperationen hat YCDN bislang und welche würden zukünftig Sinn ergeben?

YCDN arbeitet sehr eng mit der Andrássy Universität zusammen. Das ist unsere Basis, auch wenn wir institutionell nicht miteinander verbunden sind. Wir sind hier gegründet worden und viele unserer Mitglieder sind entweder ehemalige oder aktuelle Studenten der Andrássy Universität. Daher ist die Uni zurzeit unser wichtigster Partner. Unsere Strategie besteht darin, immer mehr Partnerschaften herzustellen, beispielsweise mit Foster Europe, einer österreichischen Stiftung. Foster Europe macht ähnliche Arbeit wie wir, mit der Zielgruppe Erwachsene. Wir bemühen uns, verstärkt in Kontakt zu kommen. Das ist die Organisation, die sich in der Donaustrategie auch um die zivile Gesellschaft kümmert und kleine Organisationen zusammenhält. Wir haben bereits Kontakte mit Foster Europe, zum Beispiel durch das Projekt „Ladder“. Das ist ein journalistisches Projekt, wo wir aus dem Verein jemanden über dieses Projekt mit Bezug auf die Donauraum-Strategie zu verschiedenen Veranstaltungen schicken. Diese Person verfasst Artikel, die dann auf der Projektseite veröffentlicht werden. Das ist die Art, wie wir aktuell kooperieren. Wir suchen außerdem nach weiteren Verknüpfungspunkten.

 

Interview mit Valentina Raths (CHROMA-Organisatorin)

 

Wodurch zeichnet sich das Planspiel CHROMA besonders aus?

Planspiele sind eine didaktische Methode, die gut dafür geeignet sind, den Teilnehmern einen Sachverhalt möglichst praxisnah darzustellen. Uns geht es bei CHROMA darum, einen tieferen Einblick in die Welt der politischen Entscheidungsfindung und der unterschiedlichen Ansätze zur Diskriminierungsbekämpfung zu ermöglichen, aber nicht auf internationaler Ebene wie bei den Model United Nations oder Model European Parliaments, sondern in einem nationalen Szenario. CHROMA ist ein Spiel, wo sich politische Parteien eines breiten Spektrums und zudem auch noch Lobbygruppen in der Form von Gewerkschaften und Minderheitenvertretungen zusammenfinden, um das oft vernachlässigte Thema der Minderheitenrechte zu besprechen. Da die Teilnehmer ihre Rollen in der einen oder anderen Faktion durch ein Zufallsprinzip erhalten, müssen sie oft Ideologien vertreten, die sie normalerweise nicht repräsentieren. Dementsprechend fördert unser Spiel Empathie und das Verständnis politischer Meinungen, die sich von unseren persönlichen Überzeugungen unterscheiden. Wir erhoffen, dass die Teilnehmer von CHROMA ein besseres Verständnis über die nationale demokratische Kultur und ein erhöhtes Interesse für Minderheitenrechte gewinnen.

Inwieweit macht CHROMA seine Teilnehmer fit für Europa?

Jede Form von politischer Bildung, die die aktive Auseinandersetzung mit demokratischer politischer Kultur und kompromissorientierten Debatten fördert, macht Teilnehmer fitter für Europa. Wir glauben fest daran, dass besonders in Mittel- und Osteuropa ein vermehrter Einsatz von solcher Bildung notwendig ist, um den Jugendlichen die Verinnerlichung demokratischer Werte zu ermöglichen. Da CHROMA-Teilnehmer aus der Donauregion international vernetzt sind, weist das Spiel auch einen interkulturellen Charakter auf. Außerdem ermöglicht das in den Donauländern geteilte historische Erbe einen wertvollen Austausch von Erfahrungen hinsichtlich nationaler demokratischer Defizite. Der Fokus auf Minderheitengleichberechtigung verleiht dem Spiel zudem einen Mehrwert, der Jugendliche gegenüber den Mechanismen der mehrheitsgesellschaftlichen Unterdrückung sensibilisiert. Im Spiel wird verstanden, wie einerseits Konsens oder zumindest Kompromiss zwischen unterschiedlichen politischen Überzeugungen erreicht wird, und andererseits wie die Interessen der Zivilgesellschaft in den politischen Prozess einbezogen werden können. Falls wir durch unser Spiel bewirken können, dass die Teilnehmer danach eine sinnvolle Debatte zwischen politischen Parteien schätzen und ein besseres Verständnis für die Rechte der Minderheiten gewinnen, haben wir sie einen Schritt näher in die Richtung einer konsolidierten Demokratie europäischen Charakters im eigenen Land gebracht.


Sind für die Zukunft weitere Editionen dieses Planspiels geplant? Könnte es auch für Teilnehmer außerhalb der Uni angeboten werden?

CHROMA soll im Sommer 2017 als ein mehrtägiges, internationales Planspiel stattfinden, wo Jugendliche aus der Donauregion eingeladen werden. Da unser Konzept komplett neu ist, haben wir uns aber für die zusätzliche Durchführung des Spiels in einem eintägigen Format entschieden. Diese erste Erfahrung half uns, die spieltechnischen Kleinigkeiten weiter zu verbessern, damit wir im Sommer 2017 ein noch besseres internationales Spiel anbieten können. Nach dem Erfolg des kürzeren Formats waren wir uns aber einig, dass wir das “Mini-CHROMA” auch gerne an anderen Orten, Universitäten durchführen würden. Grundsätzlich ist die Teilnahme für Studenten aller Hochschuleinrichtungen offen, die ein sehr gutes Deutsch sprechen. Wir hoffen, dass wir zudem Partner finden können, die eine Expertise im Bereich Minderheiten besitzen und gerne zum inhaltlichen Teil des Spiels beitragen würden, um den Teilnehmern ohne Vorkenntnisse über dieses Thema wertvolles Wissen weitergeben zu können.¨

Vielen Dank.