Dieses Wochenende feiert die christlich-orthodoxe Weltgemeinde Pfingsten. Das Fest gilt der Entsendung des Heiligen Geistes und sollte dieses Jahr mit dem religiösen Zusammentreffen der Superlative gebührend gefeiert werden. Dennoch kam es nicht so ganz zu einer kompletten Entsendung.
Nach 55 Jahren Planung sollte 2016 das erste orthodoxe Konzil seit über 1200 Jahren sehen. Es schien zu gut um wahr zu sein: Jeder der 14 selbstständigen Einzelkirchen der orthodoxen Kirchen aus unterschiedlichen Weltregionen kommen zusammen, um die Zukunft des Glaubens zu diskutieren. Ein Vorstandstreffen der Patriarchen im kretanischen Chania. Dennoch reichte es nur für ein sogenanntes „Rumpfkonzil“, denn die Patriarchen von Russland, Bulgarien, Syrien und Antiochien (das heutige Antakya, Türkei) blieben dem Treffen fern.
Ist ein Nichterscheinen im christlichen Gewissen vertretbar? In diesem Falle schon, dachte sich der russische Patriarch Kyrill I. Schon seit Jahren kriselt es zwischen den beiden Hauptzweigen der Kirche: Auf der einen Seite werden die slawischen Kommandos vom Moskauer Patriarch angeführt, während auf der anderen Seite die Filialen in Griechenland, der Türkei sowie allen nichtorthodoxen Gebieten von Bartholomäus I., Patriarch von Konstantinopel (heute Istanbul), übernommen werden. Letzterer wird von der slawischen Seite in seiner Rolle als primus inter pares (Erster unter Gleichen) ungern gesehen, schliesslich ist der russische Zweig der Grösste mit über 150 Millionen Followern.
Geht es also um einen göttlichen Machtkampf? Jein. Denn neben der Frage des Oberhaupts spielt auch das politische Geschehen eine schleichende Rolle. Die Nähe zwischen Religion und Staat wird auf beiden Seiten mit Bedacht verfolgt. Darüber hinaus haben die Ereignisse in der Ukraine auch einen Riff zwischen Moskau und Kiew mit sich gebracht. Ärger im Paradies.
Dennoch wollen sich die Teilnehmer des Konzils nicht aus der Fassung bringen lassen. Die wichtigsten Themen des Treffens beziehen sich auf:
- Sendung der Kirche in die Welt von heute
- Die Beziehungen zu anderen christlichen Kirchen
- Das Fasten
- Das Verständnis der Ehe
- Die Autonomie einzelner Kirchen
- Die Diaspora in nichtorthodoxen Ländern.
Zum Anstoss des Treffens gab es auch ein shout-out aus Rom: Papst Franziskus nahm die Nachricht des Treffens in sein Sonntagsgebet auf. Na immerhin.
Was lernen wir daraus? Bevor sich alle über das Ringen der orthodoxen Pole-Position sorgen machen, lassen wir erst mal die Kirche im Dorf.
Bildquelle: http://www.tagesschau.de/ausland/panorthodoxes-konzil-101.html
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