Die Kurse für Heimatliche Sprache und Kultur, kurz HSK-Kurse, sind heute fester Bestandteil des Schweizerischen Bildungswesen. Ihr Ziel ist es, die Sprachkompetenz in der Muttersprache zu fördern sowie kulturelle Werte des Ursprunglandes zu vermitteln. Sprache, Geographie und Geschichte des Ursprungslandes sind feste Bestandteile des HSK-Curriculum. Daneben werden auch Tänze und Theaterstücke aufgeführt und andere kulturelle Veranstaltungen organisiert. Im Unterricht geht es aber nicht nur um Spaß; die Schulen vergeben auch Noten an Schüler, die dann im Zeugnis der Regelschule ausgewiesen werden.

Die Geschichte der HSK-Kurse reicht bis in die Dreißiger-Jahre zurück. Der Muttersprachenunterricht wurde erstmals von italienischen Einwanderern in den Dreißigern organisiert, um die Kinder auf eine Rückkehr in ihr Heimatland vorzubereiten. Es kam jedoch anders als erwartet: In den folgenden Jahrzenten kamen immer mehr Einwanderer und nur wenige verließen die Schweiz. Aus diesem Anlass erließ die Schweizerische Bildungsbehörde 1976 die Empfehlung zur Schulung von fremdsprachigen Kindern, welche die Rahmenbedingungen für den HSK-Unterricht legt. 1992 wurde diese Empfehlung im Kanton Zürich verbindlich, was zur festen Verankerung der HSK-Kurse im Zürcher Schulwesen führte. Auch durften erstmals auch nichtstaatliche Institutionen Kurse in der Muttersprache anbieten. Diese Regelung ist insbesondere für kleinere Einwanderergruppen relevant, da diese oftmals keine finanziellen Mittel der Ursprungsstaaten zur Verfügung haben. Die größeren Einwanderergruppen – Italiener, Spanier, Türken, Kroaten – werden dagegen von den Bildungsministerien und Botschaften ihrer Heimatstaaten unterstützt.

Trotz großer Beliebtheit der Kurse sind die Besucherzahlen in den letzten Jahren kontinuierlich gesunken. Dies hat damit zu tun, dass die Kurse in der Regel außerhalb des normalen Unterrichts stattfinden, meist am „freien“ Mittwochnachmittag oder Samstag, und kein obligatorischer Teil des Regelstundenplans sind. Die Schweizerischen Bildungsbehörden unterstützen zwar die Kurse, indem sie Schulzimmer kostenlos zur Verfügung stellen, jedoch hängt der Rest von den Ursprungsstaaten ab, sowie dem Engagement der Eltern.

Ein Paradebeispiel ist das Schulhaus Aemtler in der Stadt Zürich, das integrierte HSK-Kurse (innerhalb des regulären Stundenplans) in sieben Sprachgruppen anbietet. Die Kinder und Jugendlichen können die Kurse besuchen während ihre Schweizer Freunde andere Wahlpflichtfächer besuchen. Diese Lösung könnte ein Mittel gegen die sinkenden Besucherzahlen sein, und sie hat eine lange Tradition in einigen nordischen Ländern wie Schweden, wo das eigene Bildungsministerium die Verantwortung für die Kurse hat.

 

Nachfolgend ein Interview mit einer Lehrperson der kroatischen HSK-Schule in Zürich, welches im Rahmen der Bachelorarbeit  „Language maintenance, Heritage language and Ethnic identity: A qualitative analysis on the role of heritage language on the ethnic identity of second and third-generation bilinguals“ (Einfluss der Muttersprache auf die ethnische Identität der Zweiten und Dritten Generation) durchgeführt wurde.

Interview mit Frau Batinovic – HSK-Lehrperson der Kroatischen Schule (Mai 2015)

M.Z.: Was hat sich in den sechs Jahren, in denen Sie in Zürich unterrichten, verändert?

HSK-Lehrperson: Die Zahl der Schüler sinkt kontinuierlich. Im ersten Jahr habe ich 98 Schüler unterrichtet, und dieses Jahr nur 60.

M.Z.: Wie ist die Motivation der Schüler?

HSK-Lehrperson: Die Schüler sind generell sehr motiviert. Vor allem die Erstklässler sind sehr motiviert und machen auch viel mit. In den tieferen Stufen hat es eher mehr Schüler als in den höheren. Die, die es noch bis zum „Schluss“ durchhalten, sind in der Regel motiviert und gehen gerne in die HSK-Schule. Es ist schon so, dass die älteren Schüler eher auf Druck der Eltern die Kurse besuchen, während die jüngeren Kinder in der Regel noch nicht „gezwungen“ werden müssen.

M.Z.: Haben die Zeiten, in denen die Kurse stattfinden, etwas mit der Motivation zu tun?

HSK-Lehrperson: Ja auch; integrierter Unterricht wäre besser. In jenem Modell sind die HSK-Kurse in den Stundenplan der CH-Schule integriert. In Zürich wird das so im Aemtlerschulhaus durchgeführt. Migrantenkinder besuchen die HSK-Kurse anstelle von anderen Freifächern. Gleichzeitig besuchen Schweizer Schüler ein Freifach. So haben die Schüler das Gefühl, keinen Extraaufwand zu betreiben wenn sie die HSK-Kurse besuchen.

M.Z.: Welche Sprache sprechen die Schüler ausserhalb des Klassenraums?

HSK-Lehrperson: Sobald sie die Möglichkeit haben, wird Deutsch gesprochen. Teilweise auch während des Unterrichts. Dies vor allem, weil Deutsch einfacher ist. Manchmal fallen ihnen die deutschen Wörter auch schneller ein.

M.Z.: Wie wird der HSK-Unterricht durch die Schweizer Schulen unterstützt?

HSK-Lehrperson: Klassenräume werden gratis zur Verfügung gestellt; normalerweise aber ausserhalb des Unterrichts, weil das organisatorisch einfacher ist als ein integrierter Unterricht. Damit mehr Kinder kommen, wäre ein integrierter Unterricht jedoch besser.

M.Z.: Wie sieht die Situation in ca. 10 Jahren aus Ihrer Meinung nach?

HSK-Lehrperson: Die Kurse wird es sicherlich noch geben, jedoch werden die Besucherzahlen wahrscheinlich sinken.
Die kroatische Schule ist jedoch eine der bestorganisierten Schulen und wird vom kroatischen Staat finanziert und unterstützt. Die Lehrer werden auch alle vom dortigen Bildungsministerium gewählt und müssen ein Eignungsverfahren durchlaufen, sowie Deutsch auf B2-Niveau beherrschen.

M.Z.: Wo sehen Sie Schwierigkeiten beim Kroatischlernen?

HSK-Lehrperson: Grammatikalisch vor allem bei den Nomen, da diese nicht grossgeschrieben werden wie im Deutschen.
Generell kann man sagen, dass Kinder, die z.B. erst später einsteigen (ab 3. Klasse), es nicht mehr schaffen, die anderen Kinder aufzuholen. Daher ist es sinnvoller die Kinder ab der ersten Klasse in die HSK-Schule zu schicken. Auch die Kinder, die die Sprache schlecht beherrschen, lernen schnell wenn sie schon ab der ersten Klasse in die Kurse geschickt werden. Es zeigt sich auch, dass Kinder, die zuhause „gezwungen“ werden Kroatisch zu sprechen, die Sprache praktisch so gut beherrschen wie Kinder, die in Kroatien aufwachsen. Bei diesen Kindern sehe ich praktisch keine Unterschiede in der Sprache.