Aleksander Janollari
Der russisch-ukrainischer Krieg hat die politische Landschaft Europas maßgeblich verändert und den europäischen Kontinent vor eine Herausforderung gestellt. Seit der Krim-Annexion im Jahr 2014 und dem ,,offiziellen‘‘ Kriegsbeginn im Feburar 2022 steht nicht nur die Ukraine, sondern die Stabilität und die Zukunft der ganzen Region auf dem Spiel. Der Konflikt scheint kein Ende zu nehmen, obwohl es Versuche gab die Kriegsparteien zum Verhandlungstisch zu zwingen. Dieser Teufelskreis stellt die Rolle und die Fähigkeit der europäischen Staaten, Konflikte innerhalb der europäischen Familie selbst zu lösen, in Frage und öffnet eine Debatte über die Rolle Europas in der Weltordnung auf.
Der europäische Kontinent ist noch einmal Schauplatz kriegerischer Auseinandersetzungen geworden, an denen nicht nur einheimische Akteure beteiligt sind. Damit sind die USA und natürlich China gemeint. Ich komme später nochmals darauf zurück. Zunächst sollte man sich auf die Hauptakteure fokussieren: die Ukraine und Russland. Aus ehemaligen Nachbarn und Freunden sind erbitterte Feinde geworden. Die Ukraine kämpft um ihre territoriale Integrität und Souveränität gegen eine Supermacht wie Russland, die ihrerseits bestimmte geopolitische Ziele verfolgt, um den Einflussbereich auszudehnen. Der russische Machthaber Vladimir Putin beschuldigt dem Westen, besonders NATO, eine für Russland nachteilige Expansionspolitik zu betreiben (gemeint ist die Osterweiterung des Bündnis seit 2004). Seit dem Kriegsbeginn haben sich die USA und NATO auf die Seite der Ukraine geschlagen und sie finanziell und militärisch unterstützt, mit dem primären Ziel die russische Expansionsbestrebungen einzudämmen. Der Krieg wird aber nicht nur auf dem Schlachtfeld geführt, sondern auch auf wirtschaftlicher Ebene. Die USA und die EU haben seitdem Sanktionen gegen Russland verhängt, um es wirtschaftlich so zu schwächen, bis es zum Verhandlungstisch gezwungen wird. Das war zumindest der Plan, der sich meines Erachtens bis jetzt zum Teil als ineffektiv erwiesen hat. Um den Sanktionen entgegenzuwirken, setzt Russland auf hybride Taktiken, die Desinformation und Cyberangriffe umfassen, um die Ukraine und das gesamte Osteuropa zu destabilisieren. Darüber hinaus hat Russland im Ausland nützliche Verbündete gefunden, die bereit sind einen gemeinsamen Kampf (als Gegengewicht) gegen den Westen zu führen. Dazu zählen China, Nordkorea und letzlich auch der Iran, die Russland militärisch gewissermaßen stützen, es am ,,Leben halten‘‘, indem sie die wirtschaftlichen Beziehungen weiter pflegen.
Worum sich die Europäer sorgen müssen, ist erstmal den Krieg zu beenden und zweitens sich selbst aus der Rolle als Spielball externer Mächte zu lösen. Die EU sollte ihre Sicherheits- und Außenpolitik besser koordinieren und sie effizienter gestalten. Darüber hinaus, finde ich, ist die Zeit gekommen, dass die EU eine eigene Verteidigungsfähigkeit aufbaut und stärkt, ohne die Amerikaner um Hilfe zu bieten. Das Problem ist, dass die Europäer sich in einem Abhänigkeitsverhältnis mit den USA befinden und das ist meiner Meinung nach nachteilig für Europa, besonders im Falle von Konflikten wie der Ukraine-Krieg. Warum? Weil die USA in erster Linie ihre eigenen Interessen verfolgen und diese stimmen oft nicht mit denen Euorpas
überein. Paralell dazu sollte die EU die Verteidigungsausgaben erhöhen und einen gemeinsamen Verteidigungsfonds schaffen, um geimensame Projekte und Initiativen in diesem Bereich zu finanzieren. Der Krieg in der Ukraine hat alle militärischen Schwächen und Unfähigkeiten der EU zur Schau gestellt und den Russen den Eindruck vermittelt, dass sie nicht zu einem zukünftigen Konflikt bereit ist. (Das mag ein bisschen pesimisstisch und kontrovers klingen, aber man sollte sich auf das schlimmste Szenario vorbereiten).
Zurück zum russisch-ukrainischen Konflikt: Das Kriegsende vorauszusehen, ist schwierig aber es gibt verschiedene mögliche Szenarien für die Zukunft der Region. Ein optimistisches Szenario für Mittelost- und Südosteuropa wäre die Entwickung engerer Sicherheitsbeziehungen zwischen den einzelnen Ländern der NATO und der EU, was die regionale Stabilität auf jeden Fall erhöhen und die Sicherheit der EU insgesamt stärken könnte. Die Länder dieser Region sollten unbedingt die Zusammenarbeit in vielen Sektoren verstärken, um somit auch historische Spannungen zwischen ihnen zu überwinden und den Frieden in der Region zu festigen. Achtung! Jede Medaille hat aber zwei Seiten. Im Falle eines nicht positiven bzw. optimistischen Ergebnisses könnte die Situation einen gefährlichen Kurs nehmen und der Konflikt könnte sich ausbreiten (in Ländern, wo der russische Einfluss am stärksten ist – Serbien, Ungarn zum Beispiel). Extremistische Strömungen könnten dann weiter an Stärke gewinnen, was zur politische Polarisierung und einem erhöhten Konfliktpotenzial führen könnte.