Ohne grosse europäische Aufmerksamkeit hat Orbán und seine Partei, im Schatten der Flüchtlingskrise, die legislative Hoheit über die Staatskassen beschnitten. Mit einem neuen Gesetz, das diese Woche vom Parlament selbst gebilligt wurde, kann Orbán und seine national-konservative regierende Mehrheit nun über gewisse Aspekte des Staatshaushalts verfügen.

Die europäische Grundidee der Gewaltentrennung scheint in Ungarn somit immer mehr an Bedeutung zu verlieren. Schon im Jahre 2013 konnte Orbán das Verfassungsgericht in seine judikativen Kompetenzen zurechtschneiden. Doch von 2014 bis Anfangs 2015  schien es so, als würde sein Stern langsam aber sicher am Sinken sein. Verstärkte Kritik aus Europa und aus dem eigenen Land liessen seine Umfragewerte verfallen. Dann aber kam die Flüchtlingskrise und die brachte wieder die Wende.

In diesem Sinne stiess seine Fokussierung auf nationale Ansätze auf grosse Zustimmung und dieser Zuspruch im eigenen Land hält bis heute an. Diesen Aufschwung nützt ihm nun, um seine national-konservative Politik weiter zu führen und dies jetzt auf Kosten der Legislative. Ungarn ist dadurch weiterhin auf dem besten Weg zu einer „Demokratie light.“ Mit anderen Worten bleiben das Verfassungsgericht und das Parlament in Takt, aber die Regierung spielt auf allen beiden Geigen fleissig mit, wie es ihr fast so passt. 

Folglich ist es nun auch eine europäischen Verpflichtung Ungarn nicht aus den Augen zu lassen, um ein zu starkes abdriften in undemokratischen Versuchsfelder abzuwenden. Es braucht keine Belehrung der EU, welche selbst noch an demokratischen Defizite leidet, aber eine intensive Auseinandersetzung  mit den europäischen Grundwerten muss auf der Tagesordnung bleiben, damit jedem Ungarn klar bleibt oder wieder klar wird, wie wertvoll gewisse Werte zumindest sein sollten.

 

Bildquelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Parlamentsgeb%C3%A4ude_(Budapest)