Die kroatischen Bürger haben einen Wechsel gewählt. Der Sozialdemokrat Zoran Milanović gewann gegen die amtierende Präsidentin Kolinda Grabar Kitarović, und zwar mit dem Ergebnis von 1.034.170 Wählerstimmen (52.70 Prozent) für Milanović und 929.707 Wählerstimmen (47.30 Prozent) für Grabar Kitarović. Insgesamt waren 3.734.115 Bürger wahlberechtigt, von denen 55 Prozent ihr Wahlrecht verwendeten. Die abgegebene ungültige Stimmen für die Präsidentschaftswahl kamen auf 4.35 Prozent [1].
Bevor ich die Konsequenzen und Spaltungen, die nach dem endgültige Wahlergebnis aufgekommen sind, erkläre, finde ich es wichtig, dass die erste Wahlrunde, die am 22.12.2019 stattfand, zur Erwähnung kommt. Ein Grund dafür ist, dass der rechtsnationalistische Volksliedmusiker Miroslav Škoro auf Platz drei mit dem Ergebnis von 24.4 Prozent der Wählerstimmen kam und diesbezüglich viele Wählersimmen der regierender HDZ-Partei abgeworben hat. Er wurde als ein Anti-Establishment-Kandidat bezeichnet, der hinter sich radikale Rechtsparteien und Politiker versammelte, die mit der regierenden konservativen HDZ Partei unzufrieden sind. Am Wahlabend kündigte Škoro an, dass er bei den Parlamentswahlen 2020 antreten will [2]. Darüber hinaus behaubtete Škoro in der Wahlkampagne: „Der Krieg ist noch nicht zu Ende“ (der Krieg im ehemaligen Yugoslawien) und verteidigte den ustascha-faschisten Spruch „Za dom spremni“ („Für die Heimat bereit“) aus dem Zweiten Weltkrieg [3].
Der andere Kandidat, der auch an der erste Wahlrunde teilnahm, ist Filmregisseur Dario Juričan und zwar stand er mit 4.61 Prozent auf Platz fünf [4]. Laut Višeslav Raos (Dozent an der Fakultät der Politischen Wissenschaften in Zagreb), hat Juričan „seinen Wahlkampf als künstlerische satirisch-aktivistische Perfomance konzipiert, und die Korruption vor allem in Verbindung mit dem Oberbürgermeister [in Zagreb] Bandić ins Rampenlicht gestellt“ [5]. Zusätzlich änderte er seinen Name amtlich in Milan Bandić und setzte sich für die Legalisierung der Korruption in Kroatien ein [6].
Das Wahlergebnis der zweiten Wahlrunde zeigte, dass Kroatien ein gespaltenes Land ist. Nämlich, Milanović gewann die größten vier Städte Kroatiens und neun Landkreise, während Grabar Kitarović zwölf Landkreise und die Diaspora gewann [7]. Die ehemalige Präsidentin hat diesbezüglich fast alle südlichen und östlichen Landkreise gewonnen, die historisch konservativ sind. Interessant ist, das Grabar Kitarović von der Diaspora 45.311 Wahlstimmen erhielt im Vergleich zu Milanović mit 6.222 Wahlstimmen. Eine Sache, die das Wahlergebnis beeinflussen hätte können oder in kleinen Massen sogar hat, ist die Ankündigung von Škoro zu den Wählern in der zweiten Wahlrunde, die Nummer drei „für das Kroatische Volk“ auf den Stimmzettel zuschreiben [8]. Wie oben erwähnt, waren ja 4.35 Prozent der Stimmen am Ende der Wahl ungültig und das kann diesbezüglich aufzeigen, dass viele Wähler der Weisung von Škoro gefolgt sind.
Die unmittelbare Konsequenz des endgültigen Wahlergebnisses ist das Aufkommen einer Kohabitation in der Exekutive in Kroatien, da der Ministerpräsident aus der regierenden HDZ-Partei kommt, wohingegen der neue Präsident aus der Opposition stammt. In Kroatien spielt der Ministerpräsident eine wichtige Rolle, mehr als der Präsident, aber das war nicht immer so. Kroatien führte nämlich, nach der Unabhängigkeitserklärung von Yugoslawien in 1991, ein semi-präsidentielles System ein. Das System blieb so bis zum Tode von Franjo Tuđmans im Jahr 1999, nachdem die HDZ die Parlamentswahl verlor und danach am Ende des Jahres 2000 das Parlament die Verfassung änderte, um ein parlamentarisches System einzuführen.
Das Jahr 2020 ist besonders interessant für die politische Situation in Kroatien. Erstens muss der Ministerpräsident Plenković (ausserdem Vorsitzender der HDZ) nun parteiinterner mit viel Gegenwind rechnen aufgrund der Niederlage bei der Präsidentschaftswahl. Zweitens finden die Parlamentswahlen Ende 2020 statt, bei der die HDZ wieder Wähler von Škoro zurückgewinnen versuchen muss [9]. Drittens übernahm Kroatien zur Jahreswende den Ratsvorsitz in der Europäischen Union und wird, unter anderem, im Mai einen eigenen EU-Gipfel in Zagreb veranstalten, um die EU-Erweiterung und über den Westbalkan zusprechen [10].
Der EU-Gipfel im Mai wäre übrigens eine Gelegenheit, die EU-Beitrittsperspektive für die Westbalkan-Länder erneut hervorzuheben. Die Hoffnung bleibt, dass die EU diese Region zu Gunsten der anderen Akteure wie z. B. der Türkei und Russland nicht bei Seite liegen lässt.
Quellen:
[1] https://www.izbori.hr/site/UserDocsImages/2019/Izbori_za_predsjednika_RH_2019/Odluka_o_konacnim_rezultatima.pdf
[2] https://www.derstandard.at/story/2000112597651/sozialdemokratmilanovic-duerfte-erste-runde-der-kroatischen-praesidentenwahl-gewinnen
[3] https://www.derstandard.at/story/2000112449650/wie-ein-tamburica-spieler-in-kroatien-druck-von-rechtsmacht
[4] https://www.izbori.hr/pre2019/rezultati/2/index.html
[5] https://www.fes-croatia.org/news/article/blickpunkt-kroatien-nr-12020/
[6] https://www.derstandard.de/story/2000109372565/kroatiens-praesidentin-geht-gegen-13-kandidaten-ins-rennen-ums-amt
[7] https://europeanwesternbalkans.com/2020/01/06/zoran-milanovic-elected-as-the-new-president-of-croatia/
[8] https://www.slobodnaevropa.org/a/30352872.html
[9]https://www.kas.de/documents/252038/7995358/Sozialdemokrat+Zoran+Milanovi%C4%87+neuer+Pr%C3%A4sident+Kroatiens.pdf/887d3d84-2729-d4ba-6781-c7642290382b?version=1.0&t=1578583394120
[10] https://www.dw.com/de/was-kroatiens-eu-ratspr%C3%A4sidentschaft-bringt/a-51837987
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