Slowenien, Serbien und Ungarn – drei Länder, die hinsichtlich ihrer Geschichte und politischen Zusammensetzung unterschiedlicher nicht sein könnten. Eine Gemeinsamkeit, die diese drei osteuropäischen Länder dennoch verbindet: Sie alle haben im April 2022 entscheidende Parlamentswahlen hinter sich. Trotz der konträren Wahlergebnisse werden diese entscheidenden Auswirkungen auf die Länder haben.
In Slowenien fanden die Wahlen für die Staatsversammlung am 24.04.2022 statt. Neben dem Staatsrat mit insgesamt 40 Sitzen bildet die Staatsversammlung die zweite Kammer des slowenischen Parlaments. Darin sind 90 Sitze zu vergeben, zwei der Sitze sind jedoch für ungarische und italienische Minderheiten vorgesehen. Das Ergebnis der Wahl war eindeutig: Die neue Freiheitspartei GS „Gabanje Svoboda“ („Freiheitsbewegung“) erzielte mit einem Stimmenanteil von rund 35% insgesamt 41 Sitze im Parlament. Dahingegen erreichte die slowenisch demokratische Partei SDS nur wenig Erfolge: 27 Sitze erlangte die Partei des ehemaligen Ministerpräsidenten Janez Janša. Außerdem ist die christliche Volkspartei mit 8 Sitzen in die Versammlung eingezogen, die sozialdemokratische Partei SD („socialni demokrati)“ erlangte 7 Sitze.
Nach 2018 prägten ständige Regierungskrisen das Land, weshalb der umstrittene mitte-rechts Ministerpräsident Janez Janša 2020 mit einer Vierer-Koalition wieder ins Amt gelangen konnte. Skandale rund um die Pressefreiheit und Rechtsstaatlichkeit, sowie ein Misstrauensvotum überschatteten seine Amtszeit. Die neue Freiheitsbewegung unter dem Vorsitz von Robert Golob forderte nun ein Ende Janšas und rief zu mehr Wahlbeteiligung auf. Mit Erfolg: Sie verspricht nun die Abkehr von fossilen Brennstoffen, den Ausbau der internationalen Zusammenarbeit, eine bessere Sozialpolitik sowie stärkere Antikorruptionsmaßnahmen. Weg von korrupten Politiker*innen, Trump- und Orbán-Befürworter*innen hin zu politischem und wirtschaftlichem Aufschwung. Die Zeichen für frischen Wind in der slowenischen Politik – eine Art Paradigmenwechsel zu den vergangenen politischen Krisen – stehen jedenfalls gut.
Auch Serbien ist seit 2018 in einige Krisen geraten, welche sich durch die COVID-19-Pandemie nur verstärkten; die Folge waren Massenproteste und ein Boykott der Opposition. Nach der Regierungsbildung im Jahr 2020 wurde direkt angekündigt, dass es Anfang April 2022 Neuwahlen geben sollte. Gewählt werden soll an diesem Tag nicht nur das Parlament, sondern auch der Präsident. Das Ergebnis des großen Wahltages war eindeutig: Die Parlamentswahl gewann die regierende rechts-konservative serbische Partei SNS „srpska napredns stranka“ mit 44% der Stimmen unter der Führung von Alexander Vučić. Ohne Wahlboykott traten diesmal insgesamt 8 andere Listen zur Wahl an; 14% erzielte die größte Oppositionspartei US („Vereintes Serbien“), welche ein Bündnis aus einer Vielzahl an ideologisch unterschiedlichen Kleinparteien bildet. Die linkssozialistische Partei SPS konnte überraschenderweise auch mit ca. 11% Punkten. Die Präsidentschaftswahl desselben Tages zeigte einen ähnlichen Ausgang. Alexander Vučić als Kandidat für die SNS – bereits seit 2017 als Ministerpräsident im Amt – erlangte die Mehrheit von 59% der Wählerstimmen. Unter seinen Gegnern befanden sich unter anderem Zdravko Ponoš für die Partei Vereintes Serbien, sowie Boško Obradović aus dem rechtsextremen Spektrum.
Ungarn wählte ebenfalls am 03. April 2022 sein Parlament. Der rechtsnationale Ministerpräsident Viktor Orbán, der nun zum vierten Mal in Folge mit einer Zweidrittelmehrheit regiert, ist in den letzten Jahren durch die Kontrolle der öffentlich-rechtlichen Medien bzw. der Justiz aufgefallen. Eine Reform des Wahlsystems ermöglichte die Mandatsvergabe über das Mehrheitswahlrecht, wodurch es Orbán im Jahr 2018 schaffte, mit weniger als 50% der Stimmen 2/3 der Parlamentssitze zu erhalten. Die Wahlen in diesem Jahr gingen mindestens genauso erfolgreich für ihn und seine Partei Fidesz aus: 53% der Stimmen ermöglichten der Fidesz-Partei 135 von 199 Sitze im Parlament. Das Oppositionsbündnis aus sechs Parteien „Vereint für Ungarn“ erzielte lediglich 35% der Stimmen – also 56 Mandate. Überraschend war überdies der Einzug der rechtsradikalen Partei ins Parlament, welche insgesamt 7 Mandate erhielt. Durch das Ergebnis dieser Wahl ist klar, dass Ungarn in den nächsten Jahren unter der Führung von Viktor Orbán noch weitere politische und rechtliche Veränderungen zu seinem Vorteil erleben wird. Bisherige Gesetzesänderungen zu den Grundrechten, die Schwächung demokratischer Institutionen, sowie die Einschränkung der Gewaltentrennung lassen nur vermuten, dass auch in Zukunft rigide Maßnahmen auf Ungarn zukommen. Die Hoffnung bleibt, dass die ungarische Bevölkerung in nächster Zeit noch „aufwacht“ und dem Entgleisen der demokratischen Werte entgegenwirkt.
Zusammenfassend lässt sich also feststellen, dass sowohl die ungarische als auch die serbische Führung ihre Stimmen bei den diesjährigen Parlamentswahlen halten konnte und in der jetzigen Amtszeit wohl wenig von ihrem politischen Pfad abweichen wird. Einzig in Slowenien sind in Zukunft Veränderungen der nationalen und internationalen Politik zu erwarten.